Wenn dein Gesicht Purzelbäume schlägt
Dein menschliches Gesicht ist ein faszinierendes Gebilde. Es kann Zuneigung, Freude, Überraschung und sogar den neuesten Klatsch aus der Nachbarschaft ausdrücken – und das oft ganz ohne Worte. Aber es gibt eine Königsdisziplin der Gesichtsausdrücke, eine Form der nonverbalen Kommunikation, die so alt ist wie du und ich: die Grimasse.
Grimassen sind die anarchistischen Punks unter den Gesichtsausdrücken. Sie halten sich nicht an Konventionen, ignorieren die Regeln der Ästhetik und haben nur ein Ziel: pure, ungefilterte Expression – meistens zum Amüsement anderer (oder deines eigenen inneren Kindes).
Erinnerst du dich an deine Kindheit? Wer hat nicht vor dem Spiegel gestanden und versucht, die Zunge so weit wie möglich rauszustrecken, die Nase zu rümpfen, bis sie fast die Augen berührt, oder die Augen so verdreht, dass man kurzzeitig in eine andere Dimension zu blicken schien? Diese unschuldigen, oft unbeholfenen Versuche waren deine ersten Schritte auf dem steinigen, aber urkomischen Weg zum Grimassen-Meister.
Doch die Grimasse ist mehr als nur kindischer Unfug. Sie ist ein universelles Werkzeug. In Momenten der Verlegenheit, wenn dir die richtigen Worte fehlen, kann eine gut platzierte Grimasse mehr sagen als tausend Entschuldigungen. Bei langweiligen Meetings kann sie dein heimliches Ventil für den inneren Aufruhr sein (solange der Chef nicht direkt hinsieht, versteht sich). Und wer hat noch nie eine Grimasse gezogen, um seine tiefe Abneigung gegenüber dem Spinatgericht der Schwiegermutter auszudrücken? Eben.
Die wahre Kunst der Grimasse liegt in ihrer Vielseitigkeit. Es gibt die klassische „Zieh-die-Zunge-raus“-Variante, den skeptischen „Eine-Augenbraue-hoch“-Blick, die ungläubige „Fischmund“-Kreation und den erschütternden „Ich-habe-etwas-wirklich-Saures-gegessen“-Ausdruck. Jeder Meister der Grimasse hat sein Repertoire, seine Signature-Moves, die er im entscheidenden Moment gekonnt einsetzt.
Manchmal sind Grimassen unbeabsichtigt und gerade deshalb so komisch. Denk an das Gesicht, das jemand zieht, wenn er versehentlich auf eine Legofigur tritt. Oder der Gesichtsausdruck beim Versuch, ein widerspenstiges Marmeladenglas zu öffnen. Diese unfreiwilligen Meisterwerke der Mimik sind oft die ehrlichsten und urkomischsten.
Natürlich gibt es auch die professionellen Grimassenschneider. Schauspieler, Komiker und sogar einige Politiker (unbeabsichtigt, versteht sich) beherrschen die Kunst, ihr Gesicht in aberwitzige Formen zu verzerren. Sie wissen, dass eine gut gemachte Grimasse das Publikum zum Lachen bringen oder eine bestimmte Emotion auf den Punkt genau vermitteln kann.
In einer Welt, die oft zu ernst und perfektionistisch ist, sind Grimassen ein willkommener Anachronismus. Sie erinnern uns daran, dass es in Ordnung ist, albern zu sein, dass Unvollkommenheit komisch sein kann und dass manchmal die beste Art, sich auszudrücken, darin besteht, einfach mal das Gesicht zu verziehen.
Also, das nächste Mal, wenn du dich in einer unangenehmen Situation befindest oder einfach nur jemandem ein Lächeln ins Gesicht zaubern willst – versuch es mit einer wohlüberlegten Grimasse. Vielleicht bist du ja ein unentdecktes Talent auf diesem wichtigen Gebiet der nonverbalen Kommunikation. Und wer weiß, vielleicht grinst ja sogar dein Spiegelbild zurück.